Ein Blogartikel von Nicole Kreye, Aquarellakademie 🖼️
Kennst du das?
Du sitzt vor deinem Bild, betrachtest es lange – und statt Freude breitet sich Unzufriedenheit aus. Die Farben wirken irgendwie unruhig, der Verlauf ist nicht so weich wie geplant, und beim letzten Pinselstrich warst du vielleicht etwas zu mutig. Und dann passiert es: Du öffnest Instagram.
Ein Blick – und schon ist dein inneres Gleichgewicht im Eimer. So viele perfekte Bilder. So klare Linien. So strahlende Farben. Und du fragst dich: „Wieso sieht das bei mir nicht so aus?“ „Bin ich einfach nicht gut genug?“
Aber Moment. Halt kurz inne.
Vielleicht liegt das Problem nicht bei deinem Bild. Sondern beim Vergleich.
Der stille Druck im Kopf: Was Vergleiche mit uns machen
Wir vergleichen uns ständig. Mit Bildern auf Social Media, mit anderen im Malkurs, mit dem eigenen Idealbild im Kopf. Dabei vergessen wir: Was wir dort sehen, ist das Endprodukt – nicht der Prozess. Nicht das Zögern, nicht die verpatzte Skizze, nicht der zweite oder dritte Versuch.
Die Bilder, die dich beeindrucken, sind oft sorgfältig ausgewählt, ausgeleuchtet, bearbeitet. Sie zeigen das „Was“ – nicht das „Wie“. Und während du dich noch über deine Wasserflecken ärgerst, hat die andere Person vielleicht zehn Bilder aussortiert, bevor dieses eine veröffentlicht wurde.
Dein Weg hingegen ist ehrlich. Roh. Echt. Und genau deshalb wertvoll.
Unperfekt ist nicht unfertig – es ist lebendig
Aquarellmalerei ist keine Technik für Perfektionisten. Sie ist ein Tanz mit dem Zufall, mit Wasser, mit Zeit. Wer nur auf das perfekte Ergebnis wartet, verpasst das, was diese Technik so besonders macht: das Unplanbare.
Fehler sind keine Feinde, sondern Lehrmeister. Ein ungewollter Verlauf kann eine neue Struktur schaffen. Eine falsche Farbe kann Tiefe erzeugen. Und die krumme Linie? Die erzählt von Bewegung, von Leben, von dir.
Stil entsteht nicht durch Nachmachen, sondern durch Wiederholen. Durch Ausprobieren. Durch das Mutigsein in Momenten, in denen du unsicher bist.
>>> Was wäre, wenn du dich mit dir selbst vergleichen würdest?
Statt dich mit anderen zu messen, stell dir lieber diese Fragen:
- Wie sah mein erstes Aquarell aus – und was kann ich heute besser?
- Welche Techniken habe ich durch Fehler gelernt?
- Was hat sich in meinem Blick auf meine Bilder verändert?
Künstlerisches Wachstum ist leise. Es passiert nicht in Klicks oder Kommentaren, sondern im stillen Moment, wenn du trotz Zweifeln weiter malst. Wenn du einen Fehler zulässt – und daraus etwas Neues machst.
Der Mut zur Unvollkommenheit
Echte kreative Freiheit beginnt, wenn du aufhörst, dich zu zensieren. Wenn du zulässt, dass ein Bild nicht „gelingen“ muss, um gut zu sein. Wenn du mitten im Prozess sagst: „Das bin ich. Genau so.“
Unperfekte Bilder sind nicht das Ende deiner Reise – sie sind der Anfang deines Stils. Sie zeigen, dass du dich traust. Dass du offen bleibst. Dass du malst – für dich.
Was tun, wenn der Vergleich zu laut wird?
Hier findest du drei kleine Übungen, um wieder bei dir anzukommen:
🎨 1. Rückblick statt Vergleich Nimm dir deine ersten Aquarelle zur Hand und leg sie neben ein aktuelles. Erkennst du, wie viel du gelernt hast? Mach dir diesen Fortschritt bewusst – und feiere ihn.
🌿 2. Perspektivwechsel Betrachte dein Bild so, als wäre es von jemand anderem gemalt. Was würdest du anerkennen? Was würdest du loben? Diese Sicht hilft dir, gnädiger mit dir zu sein.
🖌️ 3. Fokus-Reset Nimm dir für das nächste Bild bewusst vor, nur auf den Prozess zu achten: Wie sich der Pinsel anfühlt. Wie die Farbe fließt. Wie du atmest, während du malst. Lass das Ergebnis Nebensache sein – und genieße den Moment.
Fazit: Du malst nicht für Perfektion – du malst für dich
Das nächste Mal, wenn du dich beim Vergleichen ertappst, erinnere dich daran: Dein Bild muss nicht mit anderen mithalten. Es darf dein eigenes Tempo haben. Deinen eigenen Ausdruck. Deine eigene Geschichte.
Denn Aquarell ist keine Frage der Perfektion. Es ist eine Einladung zum Entdecken, zum Spüren – und zum Genießen.
Alles Liebe und bis zum nächsten Pinselstrich,
Deine Nicole