Papier ist nicht gleich Papier – Was du über Aquarellpapier wissen solltest

Ein Blogartikel von Nicole Kreye, Aquarellakademie

Ich kann mich noch genau erinnern, als ich das erste Mal auf teurem Baumwollpapier gemalt habe – und von den Farben und dem Erscheinungsbild mächtig enttäuscht war. Es ist halt einfach so: Jedes Papier ist anders. Gewöhnung, Erfahrung und dein Malerlebnis verändern sich mit dem Papier. Das Papier, das du heute liebst, kann nächstes Jahr plötzlich gar nicht mehr zu dir passen.


Die wichtigste Unterscheidung: 100 % Baumwollpapier vs. Zellstoffpapier.

  • Baumwolle: sehr saugfähig, langlebig, stabil bei Nässe, mit viel Spielraum für Lasuren und Korrekturen. Es heißt oft, das Papier verzeiht viel und unterstützt die Leuchtkraft der Farben. Ich finde jedoch, dass es gerade Anfänger:innen auch schnell überfordern kann – weil es stark saugt und die Farben oft weniger leuchtend erscheinen. Der Vorteil: Es entstehen seltener Blumenkohle, was wiederum hilfreich sein kann.
  • Zellstoff (Holzfasern): günstiger, weniger saugfähig, trocknet schneller – aber auch schneller wellig oder fleckig. Da viele mit Zellstoff starten, gewöhnt man sich an seine Eigenheiten. Es prägt die Art, wie man malt.
  • Yupo-/Polypropylenpapier: Die Farbe bleibt auf der Oberfläche, zieht nicht ein. Die Farben wirken extrem leuchtend und kräftig – aber das Papier ist sehr empfindlich und schwer kontrollierbar.

Ich möchte gar nicht das eine Papier dem anderen vorziehen. Aber es stimmt: Hochwertiges Büttenbaumwollpapier ist einfach großartig für klassische Aquarelltechniken. Trotzdem kann es lohnend sein, auch mal Neues auszuprobieren.


Immer mehr Hersteller experimentieren mit nachhaltigen Alternativen:

  • Hanf: sehr robust, etwas spröde, überraschend stabil in der Nass-in-Nass-Technik.
  • Bambus: saugt langsam, hart in der Oberfläche – ideal für spannende Fleckeffekte und toll für Urban Sketches (auch für Federzeichnungen).
  • Agave, Lein, Mischfasern: spannend für alle, die tier- oder ressourcenschonend arbeiten wollen. Hier lohnt sich das Experimentieren.

Nicht nur das Material, auch das Herstellungsverfahren macht den Unterschied:

  • Handgeschöpftes Büttenpapier: Traditionell mit einer Form geschöpft, unregelmäßiger Büttenrand, jede Seite leicht unterschiedlich. Hochwertige, saugfähige Struktur – ideal für expressive Aquarelle.
  • Industrielles Rundsiebpapier: Maschinell gefertigt, gleichmäßiger als handgeschöpft, aber oft mit ansprechender Oberfläche.
  • Langsiebpapier: Ebenfalls industriell gefertigt, meist günstiger. Gleichmäßige Oberfläche, gut kalkulierbar – aber mit weniger lebendiger Struktur.

Für mich macht der größte Unterschied: Büttenpapier hat schöne Büttenränder und lässt sich in alle Richtungen gleich gut reißen. Beim Langsiebpapier verlaufen die Fasern parallel – du kennst das vielleicht vom Zeitungspapier: In eine Richtung reißt es perfekt, in die andere franst es aus.

Wer Papier falten oder für Buchbindung nutzen möchte, sollte bei Langsiebpapier die Laufrichtung beachten – mit der Faserrichtung lässt es sich gut falzen, quer dazu eher nicht.


Handgeschöpftes oder traditionell produziertes Aquarellpapier hat zwei Seiten:

  • Die Filzseite (oben): feiner strukturiert, meist die schönere Seite zum Malen. Je nach Filz kann die Oberfläche individuell strukturiert sein.
  • Die Siebseite (unten): liegt beim Schöpfen auf dem Sieb. Oft sichtbar strukturiert, teils rauer oder unregelmäßiger.

Tipp: Bei Aquarellblöcken ist natürlich die „schöne“ Filzseite oben.


Nicht jedes Papier lässt sich von beiden Seiten gleich gut bemalen. Besonders bei Zellstoffpapieren oder beschichteten Oberflächen ist die Rückseite oft weniger geeignet.

Baumwollpapiere sind meist beidseitig nutzbar – prüfe die Oberfläche und teste ggf. mit einem kleinen Farbverlauf.


Damit dein Papier nicht verzieht, vergilbt oder beschädigt wird:

  • Flach liegend aufbewahren
  • Vor Licht und Feuchtigkeit schützen
  • Und: bitte nutzen – nicht horten! Nichts ist trauriger als vergilbte, unbemalte Papierschätze, die man sich „für später“ aufgehoben hat.

Dein Papier ist nicht einfach nur Untergrund – es ist Resonanzraum, Widerstand, Unterstützung. Wenn du es verstehst, kannst du besser mit ihm arbeiten – und musst dich weniger ärgern.

Ich empfehle dir, verschiedene Papiere auszuprobieren, wenn du unzufrieden bist. Und wenn du dein Lieblingspapier gefunden hast: bleib dabei und lerne es wirklich kennen.

Aber bitte: Finger weg von billigem Papier aus dem 1-Euro-Shop. Das spart keinen Cent – das kostet Nerven.